Für uns ist der 1.Mai nicht nur ein besonderer Tag, weil er einer der wichtigsten Kampftage unserer Klasse ist, sondern auch weil er der Tag ist, an dem wir uns vor einem Jahr gegründet haben. Wir haben uns mit der Ausrichtung gegründet, einen Beitrag zu einer sich formierenden Bewegung zu leisten, die an einer Erneuerung der Linken arbeitet. Denn wir sind überzeugt, dass eine starke Linke nur durch gesellschaftliche Praxis geschaffen werden kann, die an der Lebensrealität der arbeitenden Menschen ansetzt. Ein wichtiger Anfang dieser Praxis war unser Offenes Treffen für Solidarität im Stadtteil, in dem kontinuierlich Menschen daran arbeiten eine Linke Praxis im Stadtteil zu etablieren. Außerdem haben wir verschiedene Bildungsangebote geschaffen, um ein Klassenbewusstsein zu stärken. Wir waren am Kampftag der Arbeiter*innenklasse aber auch gemeinsam mit vielen Genoss*innen auf der Straße, um gegen die ausbeuterischen Arbeitsverhältnisse zu demonstrieren und um an die Kämpfe vieler Genoss*innen vor uns zu erinnern.
Im Folgenden findet ihr unseren Redebeitrag von der Demo.
Liebe Genossinnen und Genossen,
Liebe Freundinnen und Freunde,
für uns Arbeiterinnen ist der 1. Mai der höchste Kampf- und Feiertag unserer Klasse.
Unsere Klasse ist die Arbeiter*innenklasse. Wir sind die größte und wichtigste Klasse unserer Gesellschaft. Alle Dinge des täglichen Lebens – vom Handy bis zum Hochhaus, und alle Dienstleistungen – von Reinigung und Pflege bis zum Busfahren – werden von unserer Klasse geschaffen. Die menschliche Welt ist Produkt unserer Arbeit. Aber sie wird uns gestohlen.
Bei den aktuellen Streiks wird deutlich: Selbst für den Erhalt unseres Lebensstandards müssen wir kämpfen. Die Kapitalseite, will die Kosten von Krieg, Krise und Inflation auf uns abwälzen. Für uns heißt das, dass wir an der Welt, die wir mit unseren eigenen Händen jeden Tag schaffen, immer weniger teilhaben können. Das immer mehr von uns Existenzängste haben. Das Armut, Schulden und Abhängigkeit uns immer mehr bedrohen.
Gegen all das wehren wir uns. Unter anderem mit den größten Streiks seit 30 Jahren. Auch in Göttingen: Bei der UMG Klinikservice GmbH, bei der Deutschen Post, bei den Göttinger Verkehrsbetrieben. Und wenn Arbeiterinnen streiken, dann meldet sich wie immer eine unheilige Allianz. Liberale Kolumnisten, Arbeitgeberverbände und besorgte Politiker predigen uns sozialen Frieden, Zusammenhalt und Verantwortung. Diese Forderungen aus den Chefetagen der Republik sind Angriffe auf unsere Streiks. Sie sind Angriffe auf unser Recht für unsere Interessen zu kämpfen. Und sie sind heuchlerisch:
Wann gab es Appelle zu Mäßigung und Frieden, als es um Aufrüstung und Waffenlieferungen ging?
Wo erinnert man sich an Zusammenhalt, wenn die nächsten Rekordprofite und Bonuszahlungen anstehen?
Wer übernimmt Verantwortung, wenn mehr jedes fünfte Kind in Deutschland von Armut bedroht ist?
Frieden, Zusammenhalt, Verantwortung – das sind unsere Werte. Es sind die Werte der Arbeiterinnenbewegung. Werte, für die Generationen vor uns gekämpft haben. Sie haben Weltkriege und Verrat, Faschismus und Verfolgung, Partei- und Berufsverbote überdauert.
Verantwortung – gegenüber unseren Freundinnen, unseren Kolleginnen und unseren Familien. Zusammenhalt – in unseren Belegschaften, Gewerkschaften und Organisationen.
Frieden – durch die Solidarität der Proletarierinnen aller Länder.
Heute ist unser Bewusstsein für diese kollektiven Werte wichtiger denn je, denn wir stehen vor großen Herausforderungen. Eine Krise jagt die nächste, die Verhältnisse spitzen sich überall weiter zu. Eine organisierte Klasse und eine starke Linke sind nicht nur nötig, sie sind auch möglich. Das sehen wir an vielen Orten – dort wo wir als Linke in den Betrieben arbeiten, dort wo wir uns im Stadtteil verankern und dort wo wir für Enteignung und Vergesellschaftung kämpfen. Dort also, wo Klassenpolitik gemacht wird. Wo sich die Entfremdung zwischen der Linken und der Klasse mehr und mehr aufhebt.
Als Sozialistische Perspektive wollen wir hier in Göttingen einen Beitrag zu dieser wachsenden und sich formierenden Bewegung leisten. Einer Bewegung, die an einer Erneuerung der Linken arbeitet. Erneuerung heißt für uns: Kontinuität und Bruch – Rückbesinnung und Modernisierung.
Wir sind überzeugt, dass eine neue Linke nur durch eine gesellschaftliche Praxis geschaffen werden kann, die an der Lebensrealität der arbeitenden Menschen ansetzt.
Alle, die spüren, dass sich an der Art und Weise, wie wir als Linke heute Politik machen etwas ändern muss, laden wir ein: Diskutiert mit uns, lernt mit uns, kommt mit uns ins Viertel!
Lasst uns die Klassenkämpfe von unten entfalten.
Für eine Linke, die gewinnen will! Für eine neue Linke!