Das Patriarchat hat sich im Lauf der Geschichte immer wieder verändert. Ein Grund dafür sind die erfolgreichen Kämpfe, die Frauen und andere unterdrückte Gruppen geführt haben, z.B. für das Frauenwahlrecht, die Entkriminalisierung der Homosexualität oder die staatliche Anerkennung von Geschlechteridentitäten abseits von Mann und Frau. Diese konkreten Verbesserungen ändern jedoch nichts an der Grundstruktur des Patriarchats, das auch eine wirtschaftliche Seite hat.
Im kapitalistischen Patriarchat verrichten vor allem Frauen Hausarbeit, Pflege und Kindererziehung. Im Gegensatz zur gewöhnlichen Lohnarbeit werden sie für diese privaten „Sorgearbeiten“ nicht bezahlt. Im Krankenhaus, im Reinigungssektor oder im Kindergarten wird Sorgearbeit hingegen als Lohnarbeit geleistet – vor allem von Frauen, die schlecht bezahlt werden. Die kapitalistische Klasse nutzt diese unsichtbaren und schlecht bezahlten Arbeiten, um ihren Profit zu vergrößern.
Damit Lohnarbeiter*innen jeden Tag ihren Job machen und Mehrwert produzieren können, müssen sie ihre körperliche und geistige Leistungsfähigkeit regenerieren. Ohne Sorgearbeit also keine Lohnarbeit. Die Arbeit, die gesellschaftlich betrachtet vor allem Frauen ins Kochen, Putzen und Waschen stecken, damit Lohnarbeiter*innen wieder satt, sauber und einigermaßen ausgeschlafen auf der Arbeit erscheinen können, wird jedoch weder bezahlt, noch gesellschaftlich wertgeschätzt. Auf diese Rolle werden Frauen schon früh durch die Vermittlung bestimmter Rollenbilder in Familie, Schule und Medien vorbereitet. Hier erscheint die Hausarbeit ganz „natürlich“ als „Frauensache“ oder „Liebesdienst“.
In unserem Land sind die meisten Frauen Lohnarbeiterinnen und müssen ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Die Sorgearbeit ist für diese Mehrheit der Frauen eine zusätzliche Belastung neben ihrem Beruf. Männer, die in Haushalten mit Frauen leben, profitieren in der Regel von dieser ungleichen Verteilung. Gleichzeitig wendet sich die geschlechtliche Aufteilung und Abwertung von Arbeit auch gegen sie. Die ungleiche und schlechtere Bezahlung von Frauen schafft eine Konkurrenz, durch die auch die Löhne der männlichen Beschäftigten gedrückt werden können. Durch die Spaltung von Belegschaften und Klasse anhand von geschlechtlichen Linien, versuchen die Kapitalisten im Sinne des altbewährten Konzepts „Teile und Herrsche“ ihre Kontrolle zu festigen. Unter Anderem deshalb müssen sich auch die Männer unserer Klasse aus eigenem Interesse für die Sache ihrer Kolleginnen, Freundinnen und Schwestern einsetzen.
Kapitalismus und Patriarchat wirken zusammen. Aus diesem Grund, vertreten wir einen klassenbewussten und materialistischen Feminismus. Wir werden den feministischen Kampf für konkrete Verbesserungen und mit einer langfristigen Befreiungsperspektive führen. Gemeinsam als Arbeiter*innen und für die große Mehrheit der Frauen und aller patriarchal unterdrückter Gruppen. Unser Kampf richtet sich dabei gegen das kapitalistisch strukturierte Patriarchat, nicht gegen Männer an sich. Gerade deshalb tragen unsere männlichen Genossen eine besondere Verantwortung, durch ihr eigenes Verhalten ihrer Verpflichtung für unsere gemeinsame Sache gerecht zu werden. Wir werden unsere Strukturen so aufbauen, dass die soziale Reproduktionsarbeit nicht mehr in eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung fällt. Bei uns sorgen sich auch die Genossen, bei uns führen auch die Genossinnen.