Für eine Sozialistische Perspektive!

Liebe Genoss*innen, Freund*innen, Kolleg*innen,

In den letzten Jahren ist vielleicht auch euch immer klarer geworden, dass die Linke in Deutschland den bestehenden und sich entwickelnden Herausforderungen weder organisatorisch noch theoretisch oder praktisch gewachsen ist. Eine Krise jagt die nächste, die Verhältnisse spitzen sich überall weiter zu. Die Gefahren und auch die Chancen wachsen, aber wo sind unsere Antworten? Die Bedingungen für eine stärkere Linke bestehen objektiv, dennoch bewegt sich wenig. Wir teilen die Analyse und das weit verbreitete Gefühl, dass eine Erneuerung der Linken schon lange überfällig ist. Aus den Debatten um neue Klassenpolitik, revolutionäre Realpolitik und Organisationsformen, sowie unseren praktischen Erfahrungen der letzten Jahre, wollen wir unsere politische Praxis in Göttingen und darüber hinaus weiterentwickeln. Dabei inspirieren uns die Aufbrüche, die wir in dieser Richtung in Deutschland, aber auch international, beobachten können.

Wir, das sind Genoss*innen aus der kommunistischen Bewegung, der migrantischen Selbstorganisation, der antifaschistischen Jugend und aus der Mehrheit der Antifaschistischen Linken International. Wir wollen mit an einer Linken bauen, die nicht nur Recht haben, sondern gewinnen möchte. Eine Linke also, die um konkrete Veränderungen und für ein klares Ziel kämpft – Für den Sozialismus und einen kommunistischen Horizont. Eine Sozialistische Perspektive einzunehmen, bedeutet für uns sich in die Kontinuität der Kämpfe zu stellen und ihre Lehren zu bewahren. Für eine Sozialistische Perspektive zu kämpfen, heißt die Voraussetzungen für den Bruch mit dem Kapitalismus Schritt für Schritt vorzubereiten und dafür eine moderne sozialistische Politik zu entwickeln.

Wir sind der Meinung, dass eine „neue“ Linke nur durch eine gesellschaftliche Praxis geschaffen werden kann, die an der Lebensrealität der arbeitenden Menschen ansetzt. Statt vom Rand aus zu kritisieren, wollen wir uns die Hände schmutzig machen. Gerade auch, weil wir nicht davon ausgehen, dass wir als organisierte Kerne aus uns selbst heraus alle Antworten auf die offenen praktischen, theoretischen und strategischen Fragen geben können. Um diese Fragen zu beantworten, brauchen wir die Wiederbelebung einer organischeren Verbindung mit unserer Klasse. Das Wissen, die Erfahrungen und die Kämpfe der Arbeiter*innenklasse müssen wieder Teil der Entwicklungsdialektik der Linken werden. Neben einer Praxis, die die große Mehrheit der Menschen in den Blick nimmt, sind dafür Organisationsformen und -angebote nötig, die eine breite Beteiligung abseits aktivistischer Lebensstile und akademischem Habitus ermöglichen. Bei uns kann man also auch mit Vollzeitjob, kleinem Kind oder pflegebedürftigen Eltern mitmachen. Um das zu ermöglichen, verfolgen wir Demokratie nicht nur als Ziel, sondern als grundsätzliches Organisationsprinzip. Denn nur in einer demokratischen Organisation können Alle Verantwortung tragen, mitbestimmen, und lernen die Führung zu übernehmen.

Wir gehören mit diesem Ansatz zu dem wachsenden und sich formierenden Teil der Linken, der an vielen Orten und mit vielen verschiedenen Herangehensweisen an der Erneuerung einer gesellschaftlichen und sozialistischen Linken arbeitet. Wir sind überzeugt, dass diese Anstrengungen nur Erfolg haben werden, wenn wir unsere Erfahrungen und Kämpfe kollektivieren, sie auf eine bundesweite sowie internationale Ebene heben und ihnen organisatorische Beständigkeit geben. Daran beteiligen wir uns in unserer Organisation, der Interventionistischen Linken (IL), der wir in Fortführung eines Teils unserer Gruppentradition angehören. An vielen Orten haben unsere IL-Genoss*innen bereits mit Ausdauer und Entschlossenheit begonnen gesellschaftliche und materielle Kämpfe zu unterstützen und zu führen. Wir werden uns daran in Göttingen und im Rahmen der bundesweiten Strukturen der IL beteiligen. Die IL gehört zu den Organisationen, die es geschafft haben verschiedene Traditionslinien der Linken zu vereinen – in ihr klingt damit bereits die weiter nötige Sammlung der gesellschaftlich orientierten und revolutionären Linken an.

Denn die Aufgabe vor der wir stehen, kann von keinem bereits existierenden Organisationszusammenhang allein gelöst werden. Wir wissen aber, dass Ansätze für eine gesellschaftlich relevante, zielorientierte Linke mit Klassenstandpunkt bereits an vielen Orten und in vielen Zusammenhängen existieren. In diesem Sinne, laden wir alle Personen, Gruppen und Organisationen, die Interesse an unserem Politikansatz haben herzlich zum Austausch und zur Zusammenarbeit ein. Lasst uns wagen zu kämpfen; lasst uns wagen zu siegen!

Für eine Linke, die gewinnen will!

1. Mai 2022 | Sozialistische Perspektive [IL]

Mehr Informationen über die Grundlagen unserer Politik findet ihr in unseren Gemeinsamen Standpunkten